Manuela Pohle sitzt genau an der Stelle, wo geplant, koordiniert und organisiert werden muss. Seit Mai 2016 ist sie neue Verlagschefin in der DZB. Sie wacht über Titelplanung, Reliefherstellung, Auftragsbearbeitung, Zeitschriftenredaktion und Produktgestaltung. Doch damit nicht genug: Zurzeit baut sie gemeinsam mit ihrem Team ein Dienstleistungsangebot für barrierefreie digitale Produkte in der DZB auf. Es nennt sich BIKOSAX oder „Barrierefreie Informations- und Kommunikationsangebote des Freistaates Sachsen“.
Gegen acht Uhr beginnt die 33-Jährige ihren Arbeitstag und dieser endet, wenn die Aufgaben des Tages erledigt sind ─ manchmal auch, wenn die DZB schließt. So erörtert sie beispielsweise mit Kollegen aus den Fachbereichen geplante Vorhaben und wie Produkte kostengünstig und qualitätsgerecht umgesetzt werden können. In der Relieftechnik informiert sie sich über den aktuellen Stand des neuen Reliefkinderbuches. Danach bespricht sie noch eingegangene Aufträge. Jeden Tag gegen 8.45 Uhr isst sie einen frisch zubereiteten Obstsalat.
Von der Theorie zur Praxis
Die in Leipzig wohnhafte junge Frau hat an der HTWK in Leipzig Verlagsherstellung studiert. Schon während des Studiums arbeitete sie beim Verlagsdienstleister „le-tex publishing services“ und ist auch danach dort geblieben. 2011 übernahm sie den Aufbau einer neuen Abteilung im Bereich des elektronischen Publizierens. „Damals haben die Verlage technische Dienstleister gesucht, die E-Books produzieren“, erzählt Manuela Pohle. „Ich übernahm bei le-tex den gesamten Aufbau dieser Produktionsstrecke. Ich kümmerte mich um die Kalkulation der Aufträge und darum, dass die E-Books im Rahmen von Kosten, Zeit und Qualität produziert wurden, organisierte Termine und pflegte Kundenkontakte.“ Doch das reichte der Verlagsherstellerin nicht, sie suchte neue reizvolle Herausforderungen, die sie in der DZB auch fand.
Eine der Herausforderungen ─ BIKOSAX
„Wenn Behörden ihre Anträge und Formulare ins Netz stellen und der Bürger sich deshalb den Weg zum Amt sparen kann, dann sollte das nicht nur ein Privileg der Sehenden sein“, meint Manuela Pohle. Das neue Dienstleistungsangebot BIKOSAX wird sächsischen Behörden und Verwaltungen unterbreitet, die ihre Webseiten und elektronische Dokumente barrierefrei gestalten wollen. Dabei arbeitet die DZB gemeinsam mit der sächsischen Landesregierung zusammen, als deren Dienstleister die DZB in Sachen Prüfung und Zertifizierung barrierefreier Webseiten tätig ist. So ein umfassendes Projekt muss von Fachexperten koordiniert, geleitet und ausgeführt werden. Es beginnt bei der Auftragsannahme, geht über die Kundenbetreuung bis hin zur Realisierung der Aufträge. Letztere umfassen sowohl die barrierefreie Umsetzung von Webseiten, barrierefreien Dokumenten und grafischen Programmoberflächen als auch deren Überprüfung nach festgelegten Standards. Beratungen und Schulungen für sächsische Behörden und Institutionen zählen außerdem zum Dienstleistungsangebot von BIKOSAX.
Eine geborene Optimistin
„Zurzeit sind wir in der Endphase der Konzeptentwicklung, arbeiten aber auch schon an eingegangenen Aufträgen“, berichtet Manuela Pohle. „Wir haben zum Beispiel die Webseite des MDR umfassend auf Barrierefreiheit geprüft und die Broschüre „Studieren in Sachsen“, ein PDF-Dokument, zugänglich gemacht.“ Zu ihrem Team gehören Dr. Julia Dobroschke, Martin Schulze, Lars Voigt und Johannes Fischer. „Manuela hat die Fähigkeit, Mitarbeiter zu motivieren und sie für eine Sache zu begeistern“, erklärt Dr. Julia Dobroschke. „Sie ist eine geborene Optimistin.“ Martin Schulze ergänzt: „Mit Manuela lassen sich Ideen schnell und unkompliziert umsetzen.“
Als frühere Leistungsschwimmerin weiß Manuela Pohle, wie motivierend das „Wir“-Gefühl einer Mannschaft sein kann. Deshalb ist ein gutes Arbeitsklima innerhalb des Teams für sie von großer Bedeutung. Vor allem aber muss sie immer im Blick behalten, was wichtig ist. Sie reguliert die Abläufe und koordiniert die Aufgaben.
Barrierefreie E-Books: Verlage zeigen Interesse
Im Oktober war die Verlags- und Teamleiterin mit dem E-Book-Experten Martin Schulze unterwegs zur diesjährigen Frankfurter Buchmesse. Einige renommierte Verlage zeigten Interesse an der barrierefreien Aufbereitung von E-Books. Fachleute der DZB prüften die E-Books von Reclam, Piper, Diogenes und anderen Verlagen auf Barrierefreiheit. Die Ergebnisse ihres Tests stellten sie den Verlagsvertretern zur Messe vor.
„Die Zusammenarbeit mit den Verlagen spielt für uns eine große Rolle. Zum einen, weil wir ihnen aufzeigen möchten, wie Verlage mithilfe neuer Technologien Inhalte barrierefrei produzieren können und diese dadurch für jedermann zugänglich werden“, erklärt Manuela Pohle. „Zum anderen ist es von Vorteil, wenn die Verlage uns kennen und wissen, dass die DZB Literatur für blinde und sehbehinderte Menschen produziert. Beispielsweise können so schneller und unkompliziert Daten und Genehmigungen eingeholt werden.“
Die Entwicklung neuer Technologien ermöglicht den Verlagen, E-Books sofort barrierefrei zu produzieren, was viel kostengünstiger ist als ein aufwendiges Nachbessern. Trotzdem schöpfen viele Verlage ihr Potential nicht aus. Hier setzen Manuela Pohle und ihr Team an. Sie vermitteln Fachkenntnisse und zeigen auf, wie digitale Formate in vollem Umfang genutzt werden können. Inwieweit dem Interesse dann auch die konkrete Realisierung folgt, hängt vor allem von den Prioritäten ab, die Verlage in Sachen Barrierefreiheit setzen, und natürlich von betriebswirtschaftlichen Kriterien.
Selbst nimmt Manuela Pohle lieber ein Buch als ein E-Book in die Hand. Egal ob analog oder digital ─ traurige Bücher mag sie nicht, viel lieber liest sie witzige mit Happy End. Das glaubt man der jungen Frau sehr gern, hat sie doch stets ein freundliches Lächeln im Gesicht.