Mit Lupe und Vergrößerungsgerät im Infomobil unterwegs

Wenn die Sehkraft nachlässt, müssen Betroffene und deren Angehörige ihr Leben der Augenkrankheit entsprechend anpassen. Schneller Rat, der Ängste nimmt, ist vonnöten. Jetzt finden Menschen mit Sehverlust auch in Sachsen mobile Beratung.

Es ist ein kalter Januartag. Auf Feldern, Wiesen und Dächern liegt Schnee. Ein weißer Mercedes-Sprinter fährt übers Land. Auf seiner Motorhaube blitzt im Sonnenlicht eine große hellblaue Wolke, hinter der ein Auge hervorschaut. Liane Völlger, Bibliothekarin in der DZB, sitzt konzentriert am Steuer und lenkt das große Fahrzeug sicher über die vom Eis befreiten Straßen. Neben ihr sitzt Ulrike Meinhold von Blickpunkt Auge Sachsen. Ihre erste Fahrt mit dem Beratungs- und Bibliotheksmobil geht nach Riesa. Hier halten sie vor einem großen Gebäudekomplex, der Stadtbibliothek und Stadtmuseum beherbergt. Egal ob blind oder sehbeeinträchtigt– jeder, der auf Hilfe angewiesen ist,soll auf dem Poppitzer Platz vor der Stadtbibliothek individuell beraten werden. „Wir möchten zu Menschen kommen, die sich mit einer Sehbeeinträchtigung konfrontiert sehen. Das können neben sehbehinderten und blinden Menschen sowohl Menschen sein, deren Erkrankung zu einem Sehverlust führen kann, als auch deren Angehörige. Unser Angebot ist unabhängig vom Alter, Krankheitsbild oder vom aktuellen Sehvermögen“, sagt Ulrike Meinhold. „Wer sein Augenlicht ganz oder nur zum Teil verliert, sollte sich nicht scheuen, bei uns Rat zu suchen“, ergänzt Liane Völlger, Bibliothekarin in der DZB. „Viele, die im Alter immer schlechter sehen können, gestehen sich diese Behinderung meist nicht ein.“

Beratung direkt vor Ort

Das Blickpunkt-Auge-Team möchte Menschen mit Sehverlust so zeitig wie möglich zur Seite stehen, ihre Ängste nehmen und helfen, damit Sehbeeinträchtigte trotz Handicap ihren Alltag meistern und weiterhin am gesellschaftlichen und kulturellen Leben teilhaben können. Mit der mobilen Beratungsstelle ermöglicht das Team Betroffenen und ihren Angehörigen, sich direkt und in der Nähe ihres Wohnortes zu informieren. Es gibt Auskunft über Augenkrankheiten, zeigt eine Auswahl an vergrößernden Sehhilfen und Alltagshilfsmitteln, informiert über Schulungen zur Alltagsbewältigung sowie über rechtliche und finanzielle Ansprüche. „Wir zeigen verschiedene Arten von Lupen, weisen auf die Bedeutung von optimalem Licht hin und geben Tipps zur Ergonomie beim Lesen“, erklärt Ulrike Meinhold. „Wir führen jedoch keine klassische Sehhilfenberatung durch, sondern möchten informieren. Für eine individuelle Sehhilfenanpassung verweisen wir auf spezialisierte Optiker in der Region. Deshalb spielt die Netzwerkarbeit für uns auch eine große Rolle.“

Menschen mit Sehverlust oder Sehschwäche sollen auch weiterhin lesen ─ nur anders. Liane Völlger berät Interessenten zum vielfältigen DZB-Angebot an Hörbüchern und anderen Medien im barrierefreien Format, von der Ausleihe über das Zeitschriftenabonnement bis hin zur Technikberatung. „Menschen, die immer schlechter sehen, müssen nicht aufs Lesen verzichten. Sie können die Bücher ihres Lieblingsautors hören oder in Brailleschrift lesen“, erklärt die Bibliothekarin. „Ich freue mich, dass ich diese Arbeit machen kann und bin optimistisch. Wir erreichen so Menschen, die den Weg zu uns sonst nicht gefunden hätten. Dass es das Beratungsmobil gibt, muss sich natürlich erst einmal herumsprechen. Wir informieren über Medien, Internet, Flyer und Aushänge.“

Auch in ländlichen Regionen unterwegs

An zwei bis drei Tagen in der Woche wird das Blickpunkt-Auge-Team in Sachsen unterwegs sein. Die Termine der ersten Fahrten im Januar und Februar wurden gemeinsam mit Partnerbibliotheken vereinbart. Später soll das Infomobil an Orten stehen, die von Menschen gut besucht werden, wie beispielsweise auf Marktplätzen, vor Rathäusern und Ämtern, aber auch vor Augenkliniken und Seniorenheimen. „Wir wollen natürlich auch in ländliche und strukturschwache Regionen fahren. Denn dort fehlen oft entsprechende Angebote“, betont Ulrike Meinhold. „Die Termine organisieren wir im Vorfeld mit Vereinen, Organisationen und Institutionen. Menschen können sich aber auch spontan von uns beraten lassen. Außerdem ist unser Infomobil für Messeauftritte und für Aktionstage kostenlos buchbar“, meint Liane Völlger.

Es gibt noch viel Beratungsbedarf

In Riesa haben sich meist Ehepaare am Beratungsmobil eingefunden, bei denen der Partner von einer altersbedingten Augenerkrankung betroffen ist. Die individuelle Beratung erfolgt im Innenraum des Fahrzeugs. Dieser ist hell und geräumig. Im Heckteil sind Schubladen eingebaut, in denen verschiedene Hilfsmittel und Sehhilfen verstaut wurden. An den Seiten hängen Taschen für Flyer und Infomaterial. Während Ulrike Meinhold einem Ehepaar im Auto einige Hilfsmittel erklärt, erläutert Liane Völlger einem älteren Herrn am Stehtisch davor das Hörbuchangebot der DZB. Nicht alle Interessenten können an diesem Nachmittag beraten werden, deshalb vereinbart das Team neue Termine.

In Sachsen-Anhalt, Bayern und Schleswig-Holstein ist es schon unterwegs ─ das Beratungsmobil Blickpunkt Auge. Nun rollt es auch durch Sachsen ─ dank Fördergeldern der Landesdirektion des Freistaates Sachsen, der Aktion Mensch, des Fördervereins der Freunde der DZB e.V. und der Herbert-Funke-Stiftung. Nach ihrer ersten Fahrt sind sich Ulrike Meinhold und Liane Völlger sicher: Es gibt noch viel zu tun. Fahren wir los!

Terminvereinbarungen: sachsen@blickpunkt-auge.de

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